Deutsche Kanupolo-Nationalteams holen drei Titel und einmal den Vizetitel bei Europameisterschaft
Coimbra, Portugal. Das Herren-Nationalteam, U21-Damen- und U21-Herren-Team haben den Meistertitel inne, das Damen-Nationalteam den Vizemeistertitel
Von den Wassersportfreunden Liblar 1960 e.V. wurden dieses Jahr die Sportler Jonas Vieren und Dennis Witt (Herren), Svante May (U21-Herren) und die Kanutin Nina Hachenburg (U21-Damen) in das deutsche Kader berufen. Während die Herren schon zum wiederholten Mal in der Nationalmannschaft brillieren konnten, war es für die Jugend-Spielerin Nina Hachenburg ein „first try, first win“.
Die U21-Damen erspielten am ersten Turniertag gegen die Schweiz, Irland und die Niederlande starke Gewinne mit hoher Torzahl. Während sich auch das Spiel gegen die Schweiz am zweiten Turniertag wie etwas Unvermeidbares angefühlt haben muss (10:3) stellten sich die Britinnen als erst zu nehmende Gegner heraus: mit einem 3:3 endete das Spiel unentschieden. Und das, obwohl die Britinnen in den letzten Jahren nie den Titel nach Hause holen konnten. Viel größere Gefahr bestand da eher im Ehrgeiz der Französinnen, die zuletzt 2009 den Europameistertitel inne hatten und die man am Morgen des dritten Turniertages nicht besiegen konnte (5:5). Doch davon ließen sich die Damen nicht beirren: knapp drei Stunden später überrollten sie Italien im Halbfinale und ließen dieses Intermezzo mit einem 5:0 hinter sich.
Spannend wurde es im Finale gegen Großbritannien. Dort mussten die Kanutinnen noch mal alles auffahren, was sie hatten. Mitunter WSF-Spielerin Nina Hachenburg sorgte mit ihrem Tor im wohl wichtigsten Spiel des Tages für ein 4:2 gegen die Inselbewohnerinnen und damit für den Titelgewinn. Für die junge Spielerin, die gar nicht damit gerechnet hatte, ins Kader berufen zu werden, ein Grund für große Freude. Die deutschen U21-Damen sind damit seit 2011 ununterbrochen und nun zum 5. Mal Europameisterinnen.
Die U21-Herren spielten sich ohne Niederlage souverän durch das ganze Turnier. Am ersten Turniertag hieß dies: Tschechien, Niederlande und Dänemark. Frankreich, das viele Jahre den Titel inne hatte, erlag in den Spielen gegen Spanien und die Niederlande dem Gegner, sodass ein Match gegen Deutschland gar nicht zustande kam. Auch Großbritannien, Europameister 2017, gelangte durch Pleiten gegen Spanien und Litauen nicht in die Situation, sich gegen die Deutschen behaupten zu müssen. Stattdessen taten sich die Italiener hervor und stellten einen starken Gegner. Nach Siegen über Portugal und Polen, lieferten sich die Deutschen und die Spieler aus Italien ein spannendes Wettrennen, was mit einem 5:3 klar gewonnen werden konnte. Auch das Halbfinale ließ man mit einem 5:2 gegen die Schweiz schnell hinter sich, um im Finale auf Italien zu treffen. 4:1 hieß hier das Ergebnis und WSF-Spieler Svante May konnte sich hier mit ganzen zwei Toren einbringen. Glückwunsch also auch an dieser Stelle für Deutschland, das nach 10 Jahren wieder den Europameisterschaftstitel nach Hause holen konnte. Ironie am Rande: 2009 holten unter anderem Dennis Witt und Jonas Vieren, damals noch in der U21, den Europatitel nach Hause.
Die Herren spielten sich mit eleganten Siegen durch die ersten Matches gegen Finnland und Portugal. Schon hier legten die WSF-Spieler Dennis Witt und Jonas Vieren mit mehreren Toren (Witt 1, Vieren 6) den Grundstein für einen erfolgreichen Turnierverlauf. Das Spiel am zweiten Turniertag gegen Belgien gestaltete sich dann etwas knapper: nach einem 4:3 und einem eindeutigen 7:2 gegen Polen konnte man aber auch diesen Tag ohne Niederlage beenden. Durch Siege über Frankreich und die Niederlande beförderte sich das Team dann am dritten Turniertag ohne Umwege ins Halbfinale. Zu einem Spiel gegen den letztmaligen Europameister Spanien kam es nicht. Spanien kickte sich schon frühzeitig aus dem finalen Rennen, indem es gegen Großbritannien und Schweden verlor. Im Halbfinale gegen Italien ebnete WSF-Spieler Jonas Vieren dann wiederholt den Weg ins Finale, als er kurz vor Ende der ersten Spielzeit das 2:2 zu einem 3:2 für Deutschland ausbaute und eineinhalb Minuten vor Ende des Spiels aus einem 3:3-Stand einen 4:3-Sieg machte. Damit brachte er seine Gesamttorzahl im Turnier auf beeindruckende 14 Tore. Das Finale gegen das dieses Jahr starke Großbritannien hielt die Nationalmannschaft, die 2018 erstmals in der Geschichte des Kanupolo die Weltmeisterschaft gewann, dann nicht mehr auf. Gut, sie machten es spannend: nachdem man die erste Spielzeit mit einem 1:0 für die Briten beendete, gelang der Ausgleich erst fünf Minuten vor Ende der zweiten Hälfte. Das entscheidende Tor zum Sieg fiel durch Lukas Richter erst zwanzig Sekunden vor Schlusspfiff.
Für den langjährigen Kanupolospieler Jonas Vieren ist es vor allem ein besonderes Gefühl, dass „wir es jetzt tatsächlich geschafft haben mit dem deutschen Herrenteam alle Titel (Weltmeister, World Games-Sieger und Europameister) zeitgleich zu „besitzen“.“ Hier zeige sich, dass sich der Ehrgeiz und Fleiß auszahle. Als Stammspieler kann er auf viele Jahre und neben einigen Niederlagen in den Finals der großen Turniere am Anfang seiner Zeit in der Herren-Nationalmannschaft inzwischen auch auf „ein paar gewonnene Finals zurückblicken“. Sein Fazit: „Es macht weiterhin unglaublich viel Spaß mit solch tollen Mitspielern in so einer klasse Mannschaft zu spielen!“
Auch die Damen verwehrten dem italienischen Team den Einzug ins Finale. Durch ein Golden Goal gewannen die Deutschen 3:2 im Halbfinale. Zuvor hatten Spiele gegen die Polen, Spanien, die Niederlande, Frankreich und Großbritannien siegreich geendet. Gegen die Italienerinnen ging es insgesamt drei mal – ironischerweise immer mit dem gleichen Ergebnis: 3:2 für Deutschland. Im Finale ging es dann gegen die starken Britinnen. Schon das Match gegen die Engländerinnen am Sonntag war knapp, konnte jedoch zu einem 2:1 gedreht werden. Nun im Finale bis kurz vor knapp der Gleichstand 1:1 und dann das zweite Tor für Großbritannien und damit Silber für Deutschland. Für die ehrgeizigen Deutschen Damen, die seit 2013 regelmäßig den Titel nach Hause geholt hatten, eine herbe Enttäuschung, jedoch auch ein Ansporn für die nächste Europameisterschaft 2021 im italienischen Rom.
Aber wie kommt es zu so einer Überlegenheit der Deutschen Kanuten? Ehrgeiz, Willenskraft aber auch ein guter Schuss Begeisterung für den Sport. Ein Beispiel dafür ist die 15-jährige Nina Hachenburg. Schon das Überstehen des ersten Trainingslagers sei „schon was Großes“ gewesen, so die junge Spielerin, die bei der Eröffnungsfeier der EM für Deutschland die Fahne tragen durfte. „Und dann habe ich irgendwann realisiert, dass ich wirklich Chancen habe, mit nach Portugal zu fliegen“, erklärt sie. „Und das hat mich dann total angespornt.“ Warum die deutschen Mannschaften so bahnbrechend gut waren, liegt Jonas Vieren nach an einem Vorteil Deutschlands in der Jugendarbeit: „Die Kinder und Jugendlichen fangen in Deutschland früher mit dem Sport an und viele Vereine bieten tolle Möglichkeiten für die Jugendlichen.“ In keinem anderen Land gäbe es so viele Wettkämpfe und Turniere für Jugendliche und Schüler. „Diese Wettkämpfe sind aber wichtig, um die Spieler beim Sport zu halten und natürlich vor allem den nötigen Ehrgeiz zu entwickeln, um besser als die anderen zu sein“, so der Nationalspieler, der seit 2012 Kapitän der Deutschen Mannschaft ist. Für ihn ist klar: Deutschland wird daher auch in Zukunft gut im internationalen Vergleich abschneiden.